Seite wählen

1970

Pockenalarm und Einrichtung der Fachabteilung für Anästhesie und interdisziplinäre Intensivmedizin

Im Sommer kann nun auch die Aufstockung des Funktionstraktes A an der Georgstrasse mit der neuen Intensiv-Pflegestation und den Erweiterungsräumlichkeiten für die Krankenpflegeschule in Betrieb genommen werden. Für die Intensiv-Pflegestation wurden außerdem 350.000 DM für neue technische Geräte investiert. Zum Chefarzt dieser neuen Abteilung für Anästhesie wird der gebürtige Cloppenburger Dr. Hartmut Heitmann berufen.

***

Für besondere Aufregung sorgte Mitte Juli ein Pockenalarm, der durch die Überweisung eines in Elsfleth lebenden 20-jährigen Inders wegen eines nicht einwandfrei zu diagnostizierenden Hautausschlags in das Pius-Hospital ausgelöst worden war. Vom Pius aus ist der Patient zunächst weiter in die Dermatologische Abteilung des Peter-Friedrich-Ludwig-Hospitals überwiesen worden, wo man einen Pockenverdacht nicht zweifelsfrei hatte ausschließen wollen. Die Polizei wurde kontaktiert und der für Pockenerkrankungen vorgesehene Mobilmachungsplan eingeleitet. Der Patient wurde isoliert und alle zuständigen Stellen wie das Staatliche Gesundheitsamt benachrichtigt. Das Pius-Hospital war als ganzes betroffen, vom Peter-Friedrich-Ludwig-Hospital die Innere Abteilung. Es durfte über mehrere Stunden weder niemand das Haus betreten noch es verlassen, weder Ärzte, Pfleger und andere Bedienstete noch Patienten oder Besucher. Um den Verdacht zu überprüfen, wurde eine Probe des Patienten mit einem Sonderwagen an das Hamburger Tropen-Institut geschickt. Doch mit Eintreffen des Gutachtens konnten die Quarantäne-Maßnahmen bis zum Abend wieder aufgehoben werden, denn der Inder hatte sich lediglich mit Windpocken infiziert.

Die Pocken waren durch Impfungen und weitere Maßnahmen zu dieser Zeit bereits auf dem Rückzug. Doch Anfang des Jahres waren die Pocken ins nördliche Sauerland eingeschleppt worden. Durch entsprechende Isolationsmaßnahmen konnte eine Ausbreitung verhindert werden, und es blieb bei 20 Infizierten. Die weltweit letzten Todesfälle durch Pocken wurden in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre festgestellt, so dass die Pocken am 8. Mai 1980 durch die WHO für ausgerottet erklärt werden konnten.

***

Ursprung des „Oldenburger Modells“

Auf einen Antrag des städtischen Gesundheitsausschusses, der bereits seit 1969 in Vorbereitung ist, wird die Zusammenarbeit der Oldenburger Krankenhäuser auf eine neue Grundlage gestellt. Auf Verwaltungsebene findet eine solche Zusammenarbeit bereits seit rund 20 Jahren in der ‚Arbeitsgemeinschaft der Krankenhäuser der Stadt Oldenburg‘ statt. Steigende Investitionskosten in Folge schnellerer wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie das für die Zukunft erwartete Krankenhausfinanzierungsgesetz erfordern nun aber verbindlichere Absprachen und Entwicklungskonzepte auf der Grundlage eines Ratsbeschlusses, um Investitionen zum Wohle der Patienten gezielt beantragen und einsetzen zu können. Die Oldenburger Krankenhäuser sollen nach Auffassung des Stadtrats die Entwicklung ihrer Spezialabteilungen verbindlich absprechen und die zuständigen Landesdienststellen sowie die praktizierende Ärzteschaft einbinden.

In der konkreten Umsetzung bedeutet dies, dass die medizinischen Hauptdisziplinen (Chirurgie, Gynäkologie und Innere Medizin) von allen Oldenburger Krankenhäusern weitergeführt werden. Doch die Verständigung über die Spezialabteilungen soll präzisiert werden. Für das Pius-Hospital bedeutet dies den Verzicht auf die HNO-Abteilung, dafür darf es als Spezialabteilungen die Augenabteilung sowie die Orthopädie-Abteilung behalten und ausbauen.